Anfechtung Erbschaft: Testament oder Erbvertrag anfechten


Anfechtung Erbschaft
- Voraussetzungen für die Anfechtung eines Testaments: Eine Anfechtung der Erbschaft ist nur möglich, wenn ein Testament oder Erbvertrag vorhanden ist. Gibt es keine letztwillige Verfügung, greift automatisch die gesetzliche Erbfolge, die nicht angefochten werden kann. Wer sich durch eine testamentarische Verfügung benachteiligt fühlt, sollte prüfen, ob eine Anfechtung möglich ist.
- Anfechtungsgründe und Fristen: Bestimmte Gründe berechtigen zur Anfechtung eines Testaments, zum Beispiel Irrtum des Erblassers über den Inhalt seiner Erklärung, Erklärungsirrtum, Motivirrtum, arglistige Täuschung oder Drohung. Auch das unbewusste Übergehen eines Pflichtteilsberechtigten kann ein Anfechtungsgrund sein. Die Anfechtung muss innerhalb eines Jahres nach Kenntnis des Anfechtungsgrundes erfolgen.
- Verfahren und Folgen der Anfechtung: Die Anfechtung wird durch Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht vorgenommen. Bei erfolgreicher Anfechtung wird die angefochtene Verfügung unwirksam, und es tritt entweder die gesetzliche Erbfolge ein oder die restlichen Teile des Testaments bleiben wirksam. Das Nachlassgericht prüft die Anfechtung im Rahmen des Erbscheinverfahrens oder es kann eine gerichtliche Klärung herbeigeführt werden.

Inhaltsverzeichnis
- Vorliegen einer letztwilligen Verfügung
- Auslegung des Testaments führt nicht zu einer Klärung
- Anfechtung Erbschaft: Es muss ein Anfechtungsgrund vorliegen
- Anfechtungsberechtigung
- Anfechtungserklärung
- Anfechtungsfrist
- Was sind die Konsequenzen der Anfechtung?
- Wie ist das Verfahren bei der Anfechtung?
- Kann auch ein Erbvertrag angefochten werden?

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Vorliegen einer letztwilligen Verfügung
Eine Anfechtung kommt nur in Betracht, wenn auch eine letztwillige Verfügung (Testament, Erbvertrag) vorliegt. Gibt es keine letztwillige Verfügung des Erblassers, tritt die gesetzliche Erbfolge in Kraft.
Auslegung des Testaments führt nicht zu einer Klärung
Es besteht keine Möglichkeit, durch die Auslegung des Testaments die Verhältnisse zu klären. Eine Auslegung geht nämlich der Anfechtung immer vor. Soweit durch die Auslegung dem Willen des Erblassers zum Erfolg verholfen werden kann, ist für die Anfechtung kein Raum.
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Anfechtung Erbschaft: Es muss ein Anfechtungsgrund vorliegen
In Betracht kommen:
- Erklärungsirrtum (§ 2078 I 2. Alt. BGB): Der Erblasser wollte eine Erklärung, so wie er sie im Testament formuliert hat, nicht abgeben.Der Erblasser will Kind B zum Alleinerben bestimmen, schreibt aber versehentlich den Namen von Kind A ins Testament. Soweit nicht bereits die Auslegung des Testaments klare Verhältnisse schafft, könnte Kind B versuchen, das Testament anzufechten.
- Inhaltsirrtum (§ 2078 I 1. Alt. BGB): Der Erblasser war über den Inhalt seiner Erklärung im Irrtum.Der Erblasser benutzt im Testament einen Rechtsbegriff, den er falsch interpretiert. Heißt es, er „vermache“ sein Vermögen Kind A, deutet der Begriff auf ein Vermächtnis hin. Wollte er jedoch Kind A zum Alleinerben bestimmen, war die Verwendung des Begriffs „vermachen“ irrtümlich.
- Motivirrtum (§ 2078 II BGB): Der Erblasser irrt über das Motiv, das ihn veranlasst, sein Testament mit einem bestimmten Inhalt zu verfassen.Der Erblasser setzt Kind A auf den Pflichtteil, weil er glaubt, Kind A lebe in extrem guten Vermögensverhältnissen und sei nicht auf das Erbe angewiesen, so dass der Nachlass besser Kind B zugutekomme.Ob es sich um einen Motivirrtum oder einen sonstigen Irrtum handelt, wenn der im Testament bestimmte Erbe den Erblasser so lange beeinflusst hat, dass er diese Person zum Erben eingesetzt hat, ist schwierig zu beurteilen. Dass dadurch andere Erben enterbt werden, ist zwingende Konsequenz. Auch wenn es sich dabei meist um Erbschleicherei handelt, entspricht es dem Willen des Erblassers, genau diese Person zum Erben zu bestimmen. Es kommt nämlich nicht darauf an, ob der Erblasser die Erklärung bei verständiger Würdigung der Situation nicht abgegeben hätte. Das Gesetz stellt nämlich allein auf den Willen und die Eigenarten des Erblassers ab. Ob auch ein vernünftiger Erblasser sich durch die Beeinflussung oder den Irrtum hätte beeinflussen lassen, bleibt meist ohne Bedeutung.Fall der arglistigen Täuschung: Wurde der Erblasser durch arglistige Täuschung veranlasst, sein Testament zugunsten einer bestimmten Person zu verfassen, handelt es sich um einen besonderen Fall des Motivirrtums. Die Täuschung kann darin bestehen, dass die im Testament benannte Person dem Erblasser wider besseres Wissen vorgegaukelt hatte, sie sei das leibliche Kind des Erblassers.Übergehen eines Pflichtteilsberechtigten: Einen besonderen Fall des Motivirrtums beschreibt § 2079 BGB. Danach befindet sich der Erblasser in einem Motivirrtum, wenn er einen zur Zeit des Erbfalls vorhandenen Pflichtteilsberechtigten übergangen hat, dessen Existenz ihm nicht bekannt war oder der erst nach der Errichtung des Testaments geboren oder pflichtteilsberechtigt wurde.Der Witwer Hans Müller hat 2010 ein Testament errichtet und seine Söhne A und B zu Erben eingesetzt. 2020 heiratet Hans Müller erneut und hat mit seiner zweiten Frau ein Kind. Sein Testament aus dem Jahr 2010 hat er vergessen und ist zudem der Meinung, mit der gesetzlichen Erbfolge würden alle seine Angehörigen angemessen bedacht. Da das Testament aus dem Jahr 2010 nicht widerrufen und nach wie vor existent ist, hätten seine zweite Frau und das Kind C aus der zweiten Ehe nur Anspruch auf den Pflichtteil. Frau und Kind C können das Testament daher anfechten, da sie erst nach dem 2010 errichteten Testament pflichtteilsberechtigt geworden sind. Die Anfechtung führt dazu, dass die gesetzliche Erbfolge in Kraft tritt. Die zweite Frau erbt, da das Ehepaar im Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebte, nunmehr die Hälfte des Vermögens.
- Widerrechtliche Drohung (§ 2078 II BGB): Ein Testament ist anfechtbar, wenn der Erblasser widerrechtlich durch Drohung veranlasst wurde, das Testament zugunsten einer bestimmten Person zu verfassen. Es kommt nicht darauf an, von wem die Drohung ausgegangen ist.
- Anfechtung wegen Erbunwürdigkeit: Erbunwürdig ist, wer den Tod des Verstorbenen herbeigeführt hat, wer versucht hat, ihn oder sie daran zu hindern, die Erbfolge durch Testament oder Erbvertrag zu bestimmen oder zu ändern (Details in § 2339 BGB). Die Erbunwürdigkeit tritt nicht automatisch ein. Sie muss vielmehr nach dem Tod des Erblassers durch Anfechtung und Klage vor Gericht geltend gemacht werden.
Anfechtungsberechtigung
Anfechtungsberechtigt ist jeder, der von der Unwirksamkeit der letztwilligen Verfügung begünstigt sein würde und von ihr profitiert. Ergibt der Vergleich der Situation vor und nach der Anfechtung, dass Sie am Nachlass beteiligt sind, sind Sie zur Anfechtung berechtigt (§ 2080 BGB).
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Anfechtungserklärung
Die Anfechtung ist gegenüber dem zuständigen Nachlassgericht zu erklären. Eine bestimmte Form oder Inhalt ist nicht vorgeschrieben. Aus Ihrer Erklärung muss sich nur eindeutig ergeben, dass Sie das Testament und den Erbvertrag anfechten.

Anfechtungsfrist
Die Anfechtung muss innerhalb eines Jahres erfolgen (§ 2082 BGB). Die Frist beginnt nach dem Tod des Erblassers von dem Zeitpunkt an zu laufen, in dem Sie als Anfechtungsberechtigter vom Anfechtungsgrund erfahren. Im Regelfall wird Ihre Kenntnis mit dem Todesfall zusammentreffen. Erfahren Sie erst Jahre nach dem Erbfall von der Anfechtungssituation, ist die Anfechtung erst 30 Jahre nach dem Erbfall endgültig ausgeschlossen.
Was sind die Konsequenzen der Anfechtung?
Werden das Testament und der Erbvertrag erfolgreich angefochten, ist die letztwillige Verfügung von Anfang an unwirksam und nichtig. Die Nichtigkeit bezieht sich aber nur auf die angefochtene Bestimmung und nicht auf sonstige Verfügungen im Testament. Das Testament bleibt also in den nicht betroffenen Punkten wirksam.
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Wie ist das Verfahren bei der Anfechtung?
Erklären Sie gegenüber dem Nachlassgericht die Anfechtung, benachrichtigt das Gericht die Beteiligten und nimmt Ihre Anfechtungserklärung zunächst zu den Akten. Das Gericht prüft nicht, ob Ihre Erklärung fristgerecht abgegeben wurde und inwieweit Ihre Anfechtung begründet ist.
Erst dann, wenn Sie beim Nachlassgericht einen Erbschein beantragen, prüft das Gericht, wer Erbe geworden ist. Dazu hat es von Amts wegen die erforderlichen Ermittlungen anzustellen und die ihm geeignet erscheinenden Beweise vorzunehmen. Erst jetzt ist zu prüfen, ob die testamentarische Erbeinsetzung durch die Anfechtung des Testaments beseitigt und damit die gesetzliche Erbfolge eingetreten ist.
Alternativ können Sie, statt einen Erbschein zu beantragen, gegen den testamentarisch bestimmten Erben auch eine Klage vor dem Amts- oder Landgericht erheben, um Ihr Erbrecht feststellen zu lassen. Im Regelfall benötigen Sie dafür einen anwaltlichen Vertreter. Die Gerichts- und Anwaltskosten sind in der Regel höher als beim Erbscheinverfahren vor dem Nachlassgericht. Die rechtskräftige Entscheidung des Zivilgerichts ist für die Beteiligten endgültig und auch vom Nachlassgericht bei der Erteilung des Erbscheins zu berücksichtigen. Ein Erbschein hat diese Bindungswirkung nicht. Welchen Weg Sie wählen, ist meist eine strategische Frage.
Kann auch ein Erbvertrag angefochten werden?
Beim Erbvertrag hat sich der Erblasser über die einseitige Erklärung in einem Testament hinaus vertraglich festgelegt. Im Gegensatz zum Testament kann er seine Erklärung nicht frei widerrufen. Da er nicht widerrufen kann, ist auch der Erblasser selbst zur Anfechtung des Erbvertrages befugt. Nach seinem Tod ist anfechtungsberechtigt, dem die Aufhebung der Verfügung unmittelbar zugutekommen würde. Die Anfechtungserklärung bedarf der notariellen Beurkundung und muss dem Vertragspartner und nach dessen Tod dem Nachlassgericht innerhalb eines Jahres zugehen. Im Übrigen gelten die Regeln über die Testamentsanfechtung.
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